Griechisch-katholischer Patriarch von Antiochien setzt Hoffnungen auf die Verhandlungen zwischen dem US-amerikanischen und dem russischen Außenminister – Kirchliche Unterstützung für die Versöhnungsbewegung „Mussalaha“
Künftig ein Syrien ohne Christen?
Damaskus – (poi) Der melkitische griechisch-katholische Patriarch von Antiochien, Gregorios III. (Laham), hat einen dringenden Appell zur Freilassung der beiden entführten Aleppiner Metropoliten Mar Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos (Paul) Yazigi veröffentlicht. Die Entführungen von Bischöfen und Priestern
(seit 9. Februar fehlt auch jede Nachricht über den Verbleib der aus dem Linienbus Aleppo-Damaskus entführten Priester Michel Kayyal und Maher Mahfouz) hätten einen deutlichen „symbolischen Wert“, weil sie „ein mögliches künftiges Bild eines Syrien ohne Christen“ vorwegnehmen, sagte Gregorios III. in einem Interview mit der italienischen katholischen Nachrichtenagentur SIR. Es bestehe die Gefahr, dass Syrien seine christliche Komponente verliere, so der Patriarch: „Aber wir müssen die Hoffnung nähren, dass wir unser Land auf der Basis von Toleranz, Zusammenleben und gegenseitigem Respekt wiederaufbauen können. Als Christen wollen wir unseren Beitrag für die religiöse, moralische und materielle Wiedergeburt Syriens leisten“. (…)
Ein baldiges Ende des Syrien-Konflikts in Sicht?
Der griechisch-katholische Patriarch setzt Hoffnungen auf die Verhandlungen zwischen dem US-amerikanischen und dem russischen Außenminister: „Wenn John Kerry und Sergej Lawrow eine Übereinkunft finden, dann ist ein guter Schritt zum Ende des Konflikts in Syrien getan“. Er hoffe, dass sich die Außenminister noch im Mai einigen und es im Juni zu einem Treffen zwischen Putin und Obama kommt. Wörtlich sagte Gregorios III.: „Der friedliche, diplomatische Weg der Verhandlungen ist die Lösung und nicht der der Waffen und der Gewalt“. Washington und Moskau dürften sich nicht mehr darauf konzentrieren, wer wen „bewaffnen“ dürfe. Es habe den Anschein, als ob das jetzt auch von der „hohen Politik“ verstanden worden sei. Die Kirchen hätten diese Sicht seit jeher vertreten.
Syrische Kinder in großer Not
Die Versorgungssituation sei mittlerweile für die christlichen Gemeinden – wie für alle Menschen in Syrien – sehr schwierig, unterstrich der Patriarch. Alle Patriarchate, alle Pfarrgemeinden, alle Priester seien mittlerweile mobilisiert, um den Menschen zu helfen, vor allem den Kindern. Das griechisch-katholische Patriarchat allein benötige pro Monat 50.000 Dollar, um die Notleidenden versorgen zu können.
„Versöhnung“ ist das Schlüsselwort zur Lösung der Krise
Das Schlüsselwort zur Lösung der Krise lautet für Gregorios III. „Versöhnung“. Unter dem Titel „Versöhnung“ (Mussalaha) sei in der Zivilgesellschaft der von den Kämpfen besonders mitgenommenen Stadt Homs eine gewaltlose Volksbewegung entstanden. „Mussalaha“ habe es zuwege gebracht, „von unten“ Alaouiten, Sunniten, Christen, Drusen an einen Tisch zu bringen und Familien, Clans, Gemeinschaften miteinander zu versöhnen. Das Beispiel von „Mussalaha“ – die Bewegung wird auch von der irischen Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire unterstützt – zeige, dass eine Alternative zum bewaffneten Konflikt möglich ist. „Versöhnung ist die Antwort der Kirche auf die Gewalt, die von bewaffneten Banden in Syrien verbreitet wird. Dialog und Versöhnung werden verhindern, dass sich der Hass definitiv in die Herzen der Leute frisst“, betonte der Patriarch.