Kairo – Der ägyptische Staatspräsident Abd al-Fattah al-Sisi fordert eine „religiöse Revolution“ im Islam, um dem wachsenden Extremismus zu begegnen. In einer Rede vor Islam-Gelehrten an der sunnitischen Al-Azhar-Universität in Kairo sagte er, es liege in der Verantwortung religiöser Führer, das radikale Denken von Terrororganisationen wie dem „Islamischen Staat“ (IS) oder „Al Kaida“ zu korrigieren. Die gesamte Welt warte auf klare distanzierende Aussagen der Imame. Für ihn sei es undenkbar, dass die gesamte islamische Welt von der übrigen Menschheit als Quelle von Angst, Tod und Zerstörung wahrgenommen werde. Sisi forderte eine „Aufklärung“ in der Deutung religiöser Texte.
„Muslimischer Martin Luther“
Sisi ist seit dem 8. Juni 2014 Präsident. Der Feldmarschall war 2013 an der Absetzung des Präsidenten Mohammed Mursi beteiligt, der den radikalen Muslim-Bruderschaften nahestand. Seither sind Tausende Oppositionelle verhaftet und Hunderte getötet worden. Wie die Londoner Zeitung „The Times“ schreibt, wird Sisi wegen seiner Forderung nach einer „Revolution“ des Islam auch als „muslimischer Martin Luther“ bezeichnet. Said Abdel-Azim, Anführer der ägyptischen Salafisten, beschuldigt Sisi, einen Coup gegen den Islam zu führen; er forderte den Präsidenten auf, Buße zu tun. Die Muslim-Brüder sehen ihn als „Irrlehrer“ an.
Präsident bei christlichem Weihnachtsgottesdienst
Sisi hatte Anfang des Jahres Aufsehen erregt, weil er als erster ägyptischer Präsident überraschend an einem koptisch-orthodoxen Weihnachtsgottesdienst in Anwesenheit von Papst Tawadros II. teilgenommen hatte. Damit wollte er nach eigenen Aussagen ein Zeichen für die Einheit der Nation setzen. Die christliche Minderheit in Ägypten ist seit Jahren gewalttätigen Übergriffen muslimischer Extremisten ausgesetzt. Die meisten der 87 Millionen Ägypter sind Muslime. Die schätzungsweise bis zu 10 Millionen orthodoxen Kopten bilden die größte Kirche. Hinzu kommen etwa 300.000 Mitglieder der koptisch-evangelischen Kirche, 200.000 Katholiken, mehr als 100.000 Mitglieder von Pfingstgemeinden, Brüdergemeinden und anglikanischen Gemeinden sowie 40.000 Griechisch-Orthodoxe. (idea)