Bewegende Begegnung mit Familien jener 21 ägyptischen Christen, die im Februar 2015 in Libyen von IS-Terroristen enthauptet wurden, nachdem sie die Aufforderung zur Konversion zum Islam zurückgewiesen hatten.
Kairo – 20 junge ägyptische Kopten und ein Afrikaner aus Ghana waren wegen ihres christlichen Glaubens im Februar 2015 in Libyen von IS-Terroristen bestialisch ermordet worden. Kardinal Christoph Schönborn besuchte am 22. Oktober 2016 im Rahmen seiner Ägyptenreise die Angehörigen der Opfer (wie hier im Foto einige Mütter und Witwen) in der oberägyptischen Stadt Samalut im Gouvernorat Minya. Er zeigte sich erschüttert über die Bluttat, zugleich aber auch tief bewegt über die Standhaftigkeit der Ermordeten und mit welcher Glaubensstärke die Familienangehörigen ihr Schicksal ertragen. Diese hätten vor allem auch der Versuchung des Hasses und der Rache widerstanden, so Schönborn.
Schönborn: „Liebe und Glaube stärker als der Hass“
„Ihr alle und eure ermordeten Männer, Väter, Söhne und Brüder legt Zeugnis dafür ab, dass Liebe und Glaube stärker sind als der Hass“, sagte der Kardinal in Richtung der mehr als 100 Frauen, Kinder und Männer, die sich im Haus des koptischen Bischofs von Samalut eingefunden hatten. Das sei ein Geschenk der koptischen Christen an die ganze Welt. Schönborn nahm sich Zeit für die Geschichte jeder einzelnen Familie und segnete alle Anwesenden.
Einige waren noch halbe Kinder
Die 21 Opfer waren als Gastarbeiter in Libyen beschäftigt und auf dem Heimweg nach Ägypten. Sie wurden bei zwei Angriffen der Gruppe Ansar al-Scharia, die sich im Oktober 2014 dem IS angeschlossen hatte, im Dezember 2014 und Jänner 2015 entführt. Die Terroristen versuchten die Männer durch Folter zum Übertritt zum Islam zu bewegen. Doch alle blieben standhaft. Innerhalb der christlichen Gemeinde in Samalut kursieren Tonaufzeichnungen der Folter, die diese Tortur und die Standhaftigkeit der Gefangenen dokumentieren.
Die Tat wurde über ein Internetvideo bekannt
Der fünfminütige Film wurde am 15. Februar 2015 unter dem Titel „Eine in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes“ verbreitet. In dem Video ist zu sehen, wie schwarz gekleidete Männer die einheitlich in orangefarbene Overalls gekleideten Opfer an einen Strand schleppen. Ein Sprecher der Gruppe sagt, man stünde „heute im Süden Roms, in Libyen“. An den Westen adressiert erklärt er: „Wir werden das Meer mit eurem Blut tränken.“ Im Anschluss ist zu sehen, wie die Extremisten die Opfer enthaupten; einen nach dem anderen, wohl auch in der Berechnung, dass der eine oder andere angesichts des Todes seiner Kameraden noch klein beigeben und zum Islam übertreten werde.
Die Ermordeten werden als Märtyrer verehrt
Wie der örtliche koptisch-orthodoxe Bischof Pavnotius sagte, waren die Opfer einfache Männer aus armen Verhältnissen ohne besondere geistliche Ausbildung, umso stärker sei aber ihr Glaube gewesen. Die koptisch-orthodoxe Kirche erklärte die Ermordeten zu Märtyrern, ihr Gedenktag wird jeweils am 15. Februar begangen, Heiligsprechungsverfahren sind im Laufen. Ihr Martyrium und Glaubenszeugnis stärke alle Christen in Ägypten, betonte der Bischof. Die meisten der Männer waren nicht älter als 25, manche noch halbe Kinder.
„Ihr Gott ist mein Gott“
Bei den Recherchen über die Märtyrer stellte sich heraus, dass es ursprünglich um 20 koptische Gefangene der IS-Terroristen ging. Der 21. Märtyrer sei ein Bürger aus Ghana gewesen, wie Bischof Pavnotius berichtete, eigentlich ein Nichtchrist. Angesichts der Bekenntnistreue der Kopten habe er dennoch auf die Frage der IS-Terroristen, ob er Jesus als „wahren Gott und wahren Menschen“ bekenne, geantwortet, „ihr Gott ist mein Gott“. (KAP)