Patriarch Louis Raphael Sako: Ein Schrei an das Gewissen der Welt!

 „Seit  ihrer jüngsten Vertreibung riskieren die Christen im Irak ihre Auslöschung“ –  so betitelt der chaldäische Kirchenführer seinen mehrseitigen offiziellen Alarmruf an CSI-Österreich. Wir bringen die wichtigsten Passagen in deutscher Übersetzung.

Bagdad, 5. September 2014

„Rund 120.000 Christen sind von ihren geschichtsträchtigen Heimatdörfern brutal verjagt und entwurzelt worden, weil der „Politische Islam“ (die IS-Terrororganisation, Anm.) sie endgültig aus unserem Land vertreiben will.

 

Das Leiden dieser Menschen hat inzwischen erschreckende Dimensionen erreicht: Ganze Familien, die früher in Würde in ihren Heimatdörfern gelebt und gearbeitet haben, stehen nun als Geflohene ohne ihr Hab und Gut vor dem Nichts, haben Angst vor der Zukunft im eigenen Land. Zukunftsperspektiven erträumen sich viele unter ihnen im westlichen Ausland. Aber Emigration kann doch nicht die Lösung des Problems sein!

 

Wir erleben seit den letzten Wochen eine Horrorwelt, die uns weit zurück ins finsterste Mittelalter zurückwirft. Ich wiederhole es noch einmal, mit dringendem Nachdruck: ein echter Völkermord ist bei uns im Gange! Wenn die internationale Gemeinschaft dem IS nicht vehement und entschieden Einhalt gebietet, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis dieser eine Gefahr für die ganze Welt sein wird.“

Stellungnahme des Patriarchen zum irakischen Staat:

„Der irakische Staat ist derzeit noch unfähig, die Einhaltung der Gesetze von ‚Recht und Ordnung‘ strikt einzufordern. Dieser Mangel an Sicherheit – auch in Baghdads Straßen –  fördert die Extremistengruppen noch gewalttätiger zu werden und kontinuierlich zu wachsen. Viele Christen und Angehörige anderer Minderheiten werden am helllichten Tage entführt, in gepanzerte Autos mit verdunkelten Fenstern hineingezerrt und zum endgültigen Verlassen ihrer Wohnungen aufgefordert. Diese täglichen Bedrohungen erzeugen Panik und Angst. Und was machen unsere Politiker? Jeder denkt eher an seine eigenen Vorteile anstatt sich gemeinsam zu überlegen, welche Ursachen zu diesem Extremismus zu Gewalt und Ungerechtigkeiten geführt haben und entschiedene Lösungen zu finden bevor es zu spät ist!“

 

Der chaldäische Patriarch schlägt konkrete Lösungen vor – u.a. mit UNO-Beteiligung. Hier die wesentlichsten:

  1. 1)„Die Schaffung eines Krisenmanagement-Teams: Es sollte alle jüngst vertriebenen Familien statistisch erfassen, damit diese von der Regierung bald einen Anspruch auf Entschädigung für die Zerstörung ihres Eigentums geltend machen können;

 

  1. 2)Die Schaffung eines Bildungskomitees zur Erfassung aller vertriebenen Schüler und Studenten in Kurdistan, damit die kurdische Lokalregierung sie in ihren eigenen Bildungsstätten aufnehmen kann;

 

  1. 3)Die UNO und andere Förderländer bitten, sich finanziell am Bau von Häuserkomplexen zu beteiligen, um jenen Menschen, die nicht mehr in ihre Heimatdörfer zurückkehren können, eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten;

 

  1. 4)Wir appellieren an den UNO-Sicherheitsrat, eine Friedenstruppe zu entsenden, die gemeinsam mit den irakischen Sicherheitskräften und den kurdischen Peschmergas das urchristliche Niniveh-Tal befreien und für den dringend notwendigen Schutz zu sorgen, damit die aus ihren Dörfern vertriebenen Christen und Yesiden bald zurückkehren;

 

  1. 5)Mehr Polizeischutz auf lokaler Ebene, um die Dörfer (in denen Christen und andere religiösen Minderheiten leben, Anm.) effektiver zu beschützen, wie es das neue Gesetz vorsieht, das der neugebildeten Regierung vorliegt;

 

  1. 6)Wir bitten eindringlich den UNO-Menschenrechtsrat um die Bildung einer Untersuchungskommission, die die kriminellen Handlungen des sog. „IS“ (Islamischen Staates) dokumentiert und die Verantwortlichen vor Gericht stellt;

 

  1. 7)Sowohl der Nachschub von IS-Kämpfern als auch ihre Finanzierung soll künftig tunlichst unterbunden werden.

 

Wir dürfen nie aufgeben, unsere Stimme gegen islamische Extremisten zu erheben und uns entschieden gegen jede ideologisch-religiöse Verblendung zur Wehr zu setzen!“