Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) startet eine Hilfsaktion für die schwer bedrängten und verfolgten Christen im Nahen Osten.
Die Aktion wird gemeinsam mit den Hilfsorganisationen „Kirche in Not“, „Christian Solidarity International“ (CSI) und „Initiative Christlicher Orient“ (ICO) durchgeführt, die schon im Nahen Osten aktiv sind. „Die Christen haben ein Menschenrecht darauf, auch künftig in ihrer Heimat im Nahen Osten friedlich leben zu dürfen“, so AKV-Präsident Helmut Kukacka. Er stellte gemeinsam mit den Vertretern der anderen Hilfsorganisationen im Rahmen einer Pressekonferenz die neue Initiative vor, für die auch eine eigene Website eingerichtet wurde.
„Christenverfolgung kaum Thema“
Allein in Syrien sei mehr als eine halbe Million Christen – rund ein Drittel aller Christen des Landes – auf der Flucht, viele davon noch innerhalb Syriens. Mehr als 4.000 Christen wurden bereits ermordet. Dass die massive Christenverfolgung in Österreich wie im gesamten Westen nach wie vor kaum ein Thema sei, sei völlig unverständlich, so Kukacka. Das Schweigen müsse endliche durchbrochen werden, so der einhellige Tenor bei der Pressekonferenz.
Kukacka erinnerte u.a. auch an Kardinal Christoph Schönborn, der Ende März den verfolgten Christen im Nordirak einen Besuch abgestattet hatte. Die Hilfe für die von Verfolgung und Flucht betroffenen Menschen im Nahen Osten sei allemal effektiver und letztlich auch günstiger, als in Europa Zäune zu errichten, so der Kardinal damals. Es genügten vergleichsweise geringere Mittel, um den Menschen vor Ort zu helfen.
Hilfsprojekte vor Ort
Wenn Menschen in ihrer Heimat vor allem auch Zukunftsperspektiven für ihre Kinder erkennen, „dann bleiben sie und machen sich nicht auf den gefährlichen Weg in Richtung Europa“, betonte CSI-Generalsekretär Elmar Kuhn bei der Pressekonferenz. Hilfsprojekte vor Ort müssten deshalb vor allem bei Kindern, Jugendlichen und Familien ansetzen, bestätigten ICO-Geschäftsführerin Romana Kugler und „Kirche in Not“-Nationaldirektor Herbert Rechberger.
Konkret sollen in einem ersten Schritt drei Hilfsprojekte in Syrien und im Irak unterstützt werden: Ein Hilfsprojekt von Ordensfrauen in der heftig umkämpften syrischen Stadt Aleppo, ein Ausbildungsprogramm für Studenten in der nordwestsyrischen Stadt Qamishli und ein Bauprojekt im nordirakischen Dorf Enishke. AKV-Präsident Kukacka rief die zahlreichen AKV-Mitglieder aber auch alle anderen Menschen guten Willens auf, mit diversen Spendenaktionen für die Christen im Orient zu sammeln: „Die bedrängten Christen vor Ort brauchen unser Gebet, unsere Worte vor allem aber auch unsere Taten.“
Prekäre Lage in Aleppo
„Kirche in Not“ unterstützt seit langem die Ordensfrau Annie Demerjian, die in der syrischen Stadt Aleppo ein Team von Freiwilligen leitet, die Menschen mit Heizöl, Elektrizität, Lebensmitteln und Medizin versorgt. Angesichts der Kämpfe, Bombenexplosionen und dem Feuer der Scharfschützen habe das Team mehr als 550 der bedürftigsten Haushalte zu versorgen, berichtet „Kirche in Not“-Direktor Rechberger.
Die meisten Menschen können sich die Grundversorgung wegen der galoppierenden Inflation nicht mehr leisten. Wegen der zunehmenden Gewalt und einer Verschlechterung der Situation habe Schwester Annie „Kirche in Not“ um Hilfe gebeten, um Familien mit Gutscheinen für sauberes Wasser, Pakete mit den Lebensmittel, Hygieneprodukten, und Geld für Mieten zu versorgen.
Die Zahl der christlichen Familien in Aleppo sei von 200.000 (vor dem Krieg) auf kaum 35.000 geschrumpft. Einige der übrig gebliebenen Christen spürten laut Schwester Annie, dass „sie eine Mission haben zu bleiben“, während andere zu schwach und verängstigt seien, um über die einzige Straße, die aus der Stadt führt, zu fliehen.
Ausbildung in Qamishli
„Christian Solidarity International“ unterstützt derzeit u.a. christliche Studenten an der Universität von Qamishli durch die Finanzierung des Studiums und deren Unterkunft. Für die Christen sei eine fundierte Ausbildung die einzige Möglichkeit, in Syrien eine Zukunft zu haben, so CSI-Generalsekretär Kuhn. Das Projekt sei aber mit jährlichen Kosten von 25.000 Euro für CSI alleine schwer zu finanzieren.
Qamishli, eine syrische Stadt an der nördlichen Grenze zur Türkei gelegen, ist Zufluchtsort für viele vom sogenannten Islamischen Staat (IS) vertriebenen Christen. Die Stadt wird von der Regierungsarmee gehalten. Sie grenzt zudem an das freie Kurdengebiet und ist daher von der islamistischen Terrorgruppe nicht einnehmbar.
Jugendzentrum im Nordirak
Die „Initiative Christlicher Orient“ unterstützt seit Jahren das christliche Dorf Enishke in der Autonomen Region Kurdistan/Irak. Das Dorf zählt 185 Familien, zur Pfarre gehören auch die beiden Orte Benatha und Hamziyeah mit ca. 60 Familien. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs und der Etablierung des IS in der Region befinden sich in Enishke nun auch an die 450 Flüchtlingsfamilien mit deren Kindern.
Im Jahr 2013 wurde von der ICO mit Unterstützung der Oberösterreichischen Landesregierung ein Kindergarten errichtet, jetzt soll ein Jugendzentrum gebaut werden, so ICO-Geschäftsführerin Kugler. Zudem gebe es gibt weitere Bemühungen, nachhaltige Quartiere für geflüchtete Familien zu errichten, um den Aufbau einer Lebensgrundlage in und rund um Enishke zu ermöglichen. Für das Jugendzentrum müssten noch rund 53.000 Euro aufgebracht werden.
Nachhaltige Hilfe
Die neue Hilfsaktion sei nicht als einmalige Initiative zu verstehen, sagte AKV-Präsident Kukacka bei der Pressekonferenz. Man hoffe, die drei Projekte in einem Jahr entsprechend finanziell unterstützen zu können. Im Sommer 2017 werde dann Bilanz gezogen „und wir werden weitersehen, wie wir die Aktion fortsetzen“. (religion.ORF.at/KAP)