Interview mit Viktor Elkharat koptischer Journalist in Wien von Martin Morawetz

Victor-ElkharatSie setzen sich stark gegen die Verfolgung der Christen im Nahen Osten ein. Wie sieht dabei Ihre tägliche Arbeit aus?
V.E: Jeden Tag muss ich mir diverse koptische Blogs anschauen, um zu erfahren, ob etwas Gravierendes geschehen ist. Dann berichte ich darüber, um die deutschsprachige Öffentlichkeit zu informieren. Die Christen in Nigeria und Syrien sind momentan noch schwerer betroffen als wir Kopten.

Welche politische Entwicklung wünschen sich die koptischen Christen für Ägypten?
V.E: Jeder Kopte träumt – wie viele andere Ägypter auch – von Gleichberichtigung und Rechten. Die Ägypter haben nur einen einzigen Wunsch: Einer geregelten Arbeit nachzugehen und ein würdiges Leben zu führen. Die Kopten wären sogar bereit, die Moslembrüder und ihre verschiedenen Flügel (Anm.: Salafisten und Gamaa Islamia) zu akzeptieren, würden sie es schaffen, eine gewisse Stabilität im Lande herzustellen und die Angriffe auf Kopten endlich zu stoppen.

Kopten und Muslimbrüder sind vor einem Jahr gemeinsam auf die Straße gegangen. Könnte, realistisch gesehen, hieraus eine gewisse „Partnerschaft“ entstehen?
V.E: Wir haben nicht mit Moslembrüdern, sondern mit allen Ägyptern demonstriert! Mit unseren Mitbürgern, mit denen wir  alles von Kindheit an geteilt haben. Wir haben ein Problem mit den erwähnten Salafisten.Sie wollen unser Land destabilisieren, was ihnen ja auch gelungen ist. Nun sitzen sie sogar offiziell im Parlament.

Wie sieht die Realität für koptische Christen in Ägypten aus?
V.E: Ein Beispiel veranschaulicht diese am besten. Im Dorf Rahmanya werden die Kopten, wie auch in vielen anderen Dörfern, von muslimischen Banden geradezu terrorisiert. Sie können ihre eigenen Häuser und Grundstücke nicht mehr betreten, weil diese von den Ganoven besetzt sind. Polizei und Militär schauen meist tatenlos zu. Tag für Tag werden junge Koptinnen entführt, die dann eines Tages plötzlich als vermummte Musliminnen auftauchen. Das alles gab es zwar auch schon unter Präsident Mubarak, doch nun vermehren sich diese Zwangskonversionen in beunruhigendem Ausmaß…

Besteht die Gefahr eines weiteren Exodus?
V.E: Nein, höchstens für die wohlhabenden Kopten. Die meisten haben nicht genügend Geld dafür. Exodus hieße: scharenweise zu flüchten. Doch wohin? In Israel warten die muslimischen Beduinen auf sie, die Sinai bereits für ein islamisches Kalifat erklärt haben. Im benachbarten Sudan im Süden und Libyen im Westen sitzen die Salafisten und Moslembrüdern, über die hierzulande kaum berichtet wird. Außerdem möchte ein Kopte sein Land ungern verlassen, wo er seine Heiligtümer hat.

Wie können sich die Kopten vor den Übergriffen schützen?
V.E: Kaum! Wir haben uns niemals mit den Moslems angelegt, so wie es oft fälschlicherweise in Zeitungen steht: „Zusammenstöße zwischen Christen und Moslems!“ Meist wird man von Schlägertruppen überrascht. Die Geheimdienste sorgen durch das Anheuern von Ganoven für diese Angriffe, die ägyptenweit stattfinden. Wir Kopten haben keinen ausreichenden Schutz seitens der Regierung!

Wie kann CSI Österreich am besten helfen?
V.E: CSI spielt eine große Rolle, weil sie regelmäßig über die Not der verfolgten Christen berichtet. Sie unterstützt sie auch tatkräftig vor Ort. CSI hat z.B. Tausende der versklavten Christen im Sudan freigekauft und sammelt noch Spenden, um die restlichen von ihnen loszukaufen.

Was möchte Sie den Christen in Europa Wichtiges mitteilen?
V.E: Sich über die gravierenden Missstände der verfolgten Christen weltweit zu informieren, für diese zu beten und dafür zu sorgen, dass jeder Einzelne von ihnen die christlichen Werte auch lebt und weitergibt.