EUROPÄISCHE UNION: Kritik an Entscheidung gegen Beauftragten für Religionsfreiheit

Brüssel/Göttingen – Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bedauert die Entscheidung der EU-Kommission, das Amt des EU-Sondergesandten zu Religionsfreiheit einzustellen. „In den meisten bewaffneten Konflikten oder Flüchtlingskrisen in der Welt spielen Fragen des Schutzes religiöser Minderheiten eine gewichtige Rolle. Die beiden aktuell größten Menschenrechtskrisen unserer Zeit betreffen verfolgte Muslime: uigurische und kasachische Bevölkerungsgruppen in China sowie Rohingya in Myanmar“, sagte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Es sei daher „vollkommen unverständlich, dass die EU ohne triftigen Grund ihre eigene Kompetenz beschneidet, bei Fragen dieser Tragweite angemessen mitzureden,“ so Delius weiter.

Das US-Außenministerium veröffentlicht alljährlich einen viel beachteten Bericht zum Stand der Religionsfreiheit in der Welt. Eine Kommission aus unabhängigen Fachleuten unterstützt das US-Außenministerium in allen Fragen des Umgangs mit Glaubensverfolgung. „Mit dem zaghaften Versuch der Europäischen Union, der Religionsfreiheit durch das Amt des Sonderbeauftragten international etwas mehr Profil zu verleihen, soll es nun schon wieder vorbei sein“, so Delius. „Wir bedauern das sehr. Zum einen wegen der Bedeutung religiöser Fragen für die Konfliktlösung. Zum anderen, weil das Engagement in dieser Frage nun einer kaum berechenbaren US-Regierung überlassen wird.“ Nationale und EU-Sonderbeauftragte für Menschenrechtsfragen seien aufgrund der Fülle von Anfragen regelmäßig überlastet. Für die besonderen Fragen der Religionsfreiheit fehle daher oft die notwendige Aufmerksamkeit.

EU sollte ihre Entscheidung noch einmal überdenken

„Wer wie die EU die Bedeutung der Konfliktprävention besonders betont, sollte jede Möglichkeit dafür nutzen. Dazu zählt ein tiefes Verständnis der Bedeutung der Religionsfreiheit für die Friedenssicherung und Stabilisierung von Krisenregionen“, so Delius. Die EU solle ihre diesbezügliche Entscheidung noch einmal überdenken, so die Menschenrechtsorganisation. Wer Flucht und Migration religiöser Minderheiten wirksam eindämmen wolle, brauche Expertise und Kontakte zu verschiedensten religiösen Gruppen. Ohne das Amt des Sonderbeauftragten, verliere die EU-Außenpolitik an Bedeutung und Erfahrung, unterstreicht die GfbV in ihrer Aussendung. Denn in vielen Regionen der Welt, nehme der Stellenwert von Religion weiter zu.

2016 hatte Jean-Claude Juncker den slowakischen Politiker Ján Figel zum Sonderbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der EU ernannt, im Oktober 2019 war dessen Mandat ausgelaufen. Die EU-Kommission hatte sich in einem Brief an den „International Religious Freedom Roundtable“ gegen eine Verlängerung und weitere Beibehaltung des Amtes ausgesprochen. Die Aufgaben des Beauftragten für Religionsfreiheit sollen demnach künftig beim Beauftragten für Menschenrechte (derzeit der Ire Eamon Gilmore) angesiedelt werden. Der Brief wurde durch das „Dokumentationszentrum für Intoleranz und Diskriminierung gegen Christen in Europa“ (OIDAC) veröffentlicht.

Quellen: pm/divers

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