ARCHIV - Drei junge Frauen mit KopftŸchern gehen durch die Innenstadt von MŸnchen (Archivfoto vom 30.06.2008). Rund vier Millionen Muslime leben in Deutschland. Nach einer aktuellen Studie im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz haben die meisten tŸrkische Wurzeln (rund 63 Prozent). Aus SŸdosteuropa stammen etwa 14 Prozent, aus Afrika und dem Nahen Osten jeweils rund 8 Prozent. Fast alle wohnen in den alten BundeslŠndern einschlie§lich Ostberlin, jeder dritte in Nordrhein-Westfalen. Knapp die HŠlfte der Muslime besitzt einen deutschen Pass (45 Prozent). Foto: Andreas Gebert (zu dpa-Hintergrund 4289 vom 25.06.2009) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Die Entführung christlicher Frauen und Mädchen durch die Kämpfer der Islamistengruppe Boko Haram ist in Nigeria seit längerem eine gängige Praxis der Eroberung und Einschüchterung. Die Christinnen werden zum Übertritt zum Islam gezwungen und im Anschluss daran zwangsverheiratet beziehungsweise vergewaltigt. Seit einiger Zeit dokumentiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die Einzelheiten dieser Form von Gewalt gegen Frauen, indem sie Geflüchtete interviewt. (Aus Sicherheitsgründen hat die Redaktion ihre Namen geändert, Anm.)

Hadiza, entführt im November 2013:
„Ich war zu Hause beim Kochen, da hörten wir Schüsse. Wir versuchten zu fliehen, aber wir liefen ihnen geradezu in die Arme. Sie haben uns umzingelt und uns gefragt, wohin wir gehen. Und sie sagten: Da wir euch jetzt gefangen haben, werden wir euch zum Islam bekehren.“

Die Aktivistin Segun ist bei Human Rights Watch für Nigeria zuständig. Sie erklärt:
„Lange vor der Entführung der 200 Mädchen aus Chibok und der Kampagne „Bring back our girls“, die darauf folgte, hatten wir schon unter der Hand davon gehört, dass Boko Haram Mädchen und Frauen kidnappen soll. Doch es gab da eine Kultur des Schweigens – aus Angst sprach man nicht darüber. Und so haben wir uns dazu entschlossen, Belege für die Verbrechen von Boko Haram zu sammeln.“

Gloria, entführt im April 2014:
„Sie befahlen den muslimischen Mädchen unter uns, auf die eine Seite zu gehen. Wir, die  christlichen Mädchen, mussten auf die andere Seite. Die Musliminnen haben sie dann freigelassen.“

Hawwa, entführt im September 2013:
„Ich musste Boko Haram-Kämpfer bei ihren Einsätzen begleiten, normalerweise trug ich die Munition. Während sie schossen, sagten sie, ich solle mich hinlegen. Als ich zum ersten Mal einen Mann erschießen sollte, zitterte ich am ganzen Leib und fiel um. Sie zwangen mich wieder aufzustehen und dabei zuzusehen, wie sie den zweiten Mann getötet haben. Da dachte ich, wie es wäre, wenn ich mich einfach selbst erschieße. Sie hatten uns ja gezeigt, wie man schießt.“

Gloria:
„Bei diesen Kämpfern gab es ganz viele Frauen. Diese waren schon mit ihnen zwangsverheiratet, nachdem sie – ebenfalls gegen ihren Willen – zum Islam konvertieren mussten.“

Hadiza:
„Sie sagten, du wirst jetzt konvertieren, unter Eid. Nach Hause wirst du nicht zurückkehren. Wir werden dich verheiraten, du bist ja noch jung. Wir waren gar nicht einverstanden mit dem Religionswechsel und sträubten uns dagegen. Aber die Kämpfer sagten, wenn ihr euch weiterhin so daneben benehmt, erschießen wir euch und werfen eure Leichen in den Fluss.“

Gloria, mit ihrer kleinen Tochter auf dem Arm:
„Einer von ihnen vergewaltigte mich. Ich flehte ihn an, wegzugehen, ich hatte ja mein Baby. Aber er hörte nicht auf mich und befahl mir, das Kind wegzulegen. So legte ich es auf den Boden…“

Hawwa:
„Als ich dachte, sie würden mich jetzt gleich verheiraten, täuschte ich ganz üble Magenschmerzen vor. Da dachten sie, ich hätte vielleicht AIDS. Sie schickten mich ins Krankenhaus, um mich testen zu lassen. So kam ich aus diesem Lager raus und rannte davon, so schnell ich nur konnte.“

Die freigekommenen Frauen sind nach ihrer Flucht zum Großteil tief traumatisiert, erklärt die Aktivistin Segun.
„Diese Frauen brauchen Gerechtigkeit für die Verbrechen, deren Opfer sie wurden. Sie brauchen Informationen über den Zugang zu medizinischer und auch psychologischer Betreuung, die ihnen hilft, hinwegzukommen über all das, was sie Furchtbares erlebt haben.“ (Human Rights Watch)