Frankreich: Advent feiern in der ausgeplünderten Kirche
Es war nicht das Grüne Gewölbe von Dresden, sondern die Kathedrale von Oloron-Sainte-Marie in Frankreich. In der Nacht vom 3. zum 4. November rammten Diebe mit dem Auto das Tor der Kirche, dann rafften sie wertvolle liturgische Geräte zusammen und machten sich davon. Ein Raub, der die Katholiken in der Stadt im Südwesten des Landes bis heute aufwühlt.
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
„Das war ein Schock für alle, denn wir sind hier so etwas wie ein etwas größeres Dorf“, sagt uns Pfarrer Jean-Marie Barennes per Telefon. „Hier kennen sich alle, das ist eine ziemlich ländliche Gegend, und alle kennen die Kathedrale, hier finden alle großen Momente des Lebens statt. Man hat uns unseren Schatz geraubt – das ist es so in etwa, was die Leute hier fühlen.“
Ziborien und Kelche aus dem 18. Jahrhundert ließen die Diebe mitgehen. Ob sie damit über die Grenze nach Spanien flüchteten? Das Baskenland ist von hier nicht weit. Die Kirche, die aus dem 12. Jahrhundert stammt, blieb nach der Plünderung für eine Weile geschlossen, die Polizei ermittelt.
Die Kelche im Schrank und das Glas Wasser für den Armen
Doch der Pfarrer sagt: „Den wichtigsten Schatz kann man uns gar nicht rauben, denn das ist die Solidarität und die Aufmerksamkeit für andere. In der Stadt sind zwar nicht alle katholisch oder christlich, aber die Solidarität ist doch sehr groß. Also: Wo ist unser Schatz? Mir ist sofort die Episode aus dem Leben des hl. Laurentius, des Diakons in Rom, eingefallen, der dem Kaiser gegenüber erklärte, die Armen seien der Schatz der Kirche. Es bringt nichts, goldene Kelche im Schrank zu haben, wenn du dem Armen, der dich darum bittet, kein Glas Wasser gibst…“
Nach Angaben des Pariser Innenministeriums ist es allein im Jahr 2018 zu 1.063 anti-christlichen Akten auf französischem Boden gekommen. Die Zahl wächst seit etwa zehn Jahren, vor allem was die Schändungen von Kirchen und von Friedhöfen betrifft. 2008 hatte es erst 129 Angriffe auf Kirchen und 146 Verschandlungen an christlichen Friedhöfen gegeben.
„Wir standen wie betäubt vor den offenen Vitrinen“
„Nach dem Schock ist das jetzt für uns eine Gelegenheit, uns einander anzunähern… Wir standen wie betäubt vor den offenen Vitrinen, aus denen die schönen Dinge geraubt worden waren. Ich habe an die einfache Grotte von Betlehem gedacht, wo das Jesuskind nur Ochs und Esel zur Gesellschaft hatte. So sehr die schönen Objekte ein wichtiges Zeugnis von der Vergangenheit waren, so gibt es doch Wichtigeres: die Menschen. Und die Botschaft unseres Evangeliums. Die Botschaft von Weihnachten.“
Leider gehöre Gewalt zum Menschsein dazu, seufzt der Pfarrer. Das schlimmste Problem in seinem Gesichtskreis nennt er Ignoranz.
Vom Verschwinden einer christlichen Kultur
„Es gibt eine christliche Kultur, die mehr oder weniger verschwunden ist. Dabei könnte man sie meiner Ansicht nach von einem kulturellen Standpunkt aus auch in den öffentlichen Schulen weitergeben. Was in unserer Kathedrale geklaut worden ist, sind nicht nur ein paar schöne alte Objekte, sondern Kultgegenstände, die eine bestimmte Bedeutung haben! Man kann allerdings mutmaßen, dass dieser Sinn für die Auftraggeber oder die Diebe keine Rolle gespielt hat.“
Quelle: vatican news