Peking/Bonn – Der 86-jährige Kardinal Joseph Zen Ze-kiun war bis 2009 Bischof von Hongkong und nahm 2008 am CSI-Schweigemarsch in Wien teil. In Bonn erhielt er soeben den Preis der Frankfurter Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen. Zen wurde für seinen Mut und seine Beharrlichkeit im jahrzehntelangen Einsatz für die Freiheitsrechte ausgezeichnet, heißt es. Die Laudatio hielt der Vize-Generalsekretär der weltweiten Evangelischen Allianz und Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Bischof Thomas Schirrmacher. In den vergangenen Monaten hatte Zen mit seiner Warnung vor Chinas Religionspolitik international für Schlagzeilen gesorgt. Gerüchten zufolge soll ein baldiges Abkommen zwischen Peking und dem Heiligen Stuhl u.a. auch die Frage künftiger Bischofsernennungen klären. Zen lehnt eine solche Übereinkunft ohne Garantien für echte Religionsfreiheit strikt ab.
Bibel aus Onlinehandel verbannt
Zens Kritik scheint berechtigt, denn ein neues – seit Februar gültiges – Religionsgesetz sieht noch mehr staatliche Kontrolle religiöser Angelegenheiten vor als bisher. Erste Auswirkungen sind bereits zu spüren: Chinesen, die dieser Tage online eine Bibel erwerben wollen, erleben eine böse Überraschung. Buchhändler haben nämlich die Bibel – offenbar auf Druck der Regierung – aus ihrem Sortiment entfernt. Bisher war ein Erwerb auf Onlineplattformen möglich. Dass die kommunistische Regierung Chinas den Verkauf der Heiligen Schrift kontrolliert, ist nicht neu.
So darf die Bibel nur von staatlich legitimierten Kirchen verkauft werden, etwa von der Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung.
Umgehende Kritik kam von Amnesty International (AI). William Nee von AI forderte von China die Garantie, dass Gläubige ihre Religion frei ausüben können: „Für eine Regierung, die behauptet, Religionsfreiheit zu unterstützen, ist es lächerlich, dass das zentrale Buch einer großen Weltreligion – die Bibel – nicht auf den großen chinesischen E-Commerce-Plattformen zu finden ist“.
Wie geht es Gao Zhisheng?
Wie schlimm es um Menschenrechte und Religionsfreiheit in China steht, beweist auch das Schicksal von Gao Zhisheng. Denn der engagierte Anwalt ist seit Sommer 2017 verschwunden. Als er im August 2014 nach drei Jahren geheimer Haft samt schwerer Folter entlassen wurde, war er nur noch ein Wrack. Trotz Hausarrest und verweigerter medizinischer Versorgung erholte sich Gao überraschend schnell und schrieb sowohl seine Memoiren als auch einen 40-seitigen Bericht über Menschenrechtsverstöße in seinem Land. Die geheimen Schriften wurden ins Ausland geschmuggelt und veröffentlicht. Seine Anhänger fanden nun heraus, dass der engagierte Anwalt in Einzelhaft und völliger Dunkelheit an einem geheimen Ort festgehalten wird. Sie fürchten nun um sein Leben und rufen auf: „Betet für Gao, für China und seine Kirche“. (kap/kna/orf/religious liberty)