Vereinte Nationen weisen auf massive Menschenrechtsverletzungen hin
(KELKHEIM, 17. Juni 2016) – In einem am 8. Juni veröffentlichten Bericht prangern die Vereinten Nationen an, dass in Eritrea „systematische, schwerwiegende und umfassende Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ begangen worden seien und fordern diesbezüglich eine Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofes. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf der Verletzung der Religionsfreiheit in dem nordostafrikanischen Staat.
Kirchen streng überwacht oder ganz verboten
In Eritrea sind nur drei christliche Denominationen offiziell erlaubt: Die eritreisch-orthodoxe, die katholische und die lutherische Kirche. Gemeinden, die nicht zu einer dieser drei Kirchen gehören, sind strengstens verboten. Seit 2002 müssen alle religiösen Gruppen eine Genehmigung bei der Regierung beantragen. Nach Aussagen des UN-Berichts ist bisher keiner der gestellten Anträge bewilligt worden. Abgesehen davon kontrolliere die Regierung auch die autorisierten Kirchen, was am Beispiel der Inhaftierung von 10 orthodoxen Priestern im April dieses Jahres deutlich werde. Diese hatten gegen die anhaltende Gefangenschaft des orthodoxen Patriarchen Abune Antonio protestiert, der vor mehr als 10 Jahren verhaftet worden war.
Christen verhaftet und gefoltert
Ein eritreischer Christ, der im Januar 2016 das Land verlassen hat, berichtet: „Ich konnte meinen Glauben nicht frei ausleben und wurde als Mitglied einer nicht anerkannten religiösen Gruppe mehrere Male festgenommen, das letzte Mal am 9. Mai 2014. Wir waren 58 Personen, dabei auch Frauen und Kinder, die gemeinsam beteten, als die Militärpolizei in den Raum stürmte und uns alle verhaftete. Sie brachten uns zum örtlichen Polizeigefängnis und schlugen uns schwer, sodass mehrere von uns Verletzungen erlitten.“ Er berichtet weiter, wie die Gefangenen, die sich weigerten, ihrem Glauben abzusagen, in ein Militärgefängnis gebracht wurden. Er konnte fliehen, aber er weiß, dass andere Christen durch Folter, Hunger oder Krankheit gestorben sind.
Zehntausende Eritreer aus dem Land geflohen
Im Jahr 2015 kam etwa ein Viertel aller Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen versuchten, aus Eritrea. Die Organisation Frontex geht dabei von einer absoluten Zahl von 38.791 eritreischen Flüchtlingen aus. Es ist anzunehmen, dass unter ihnen zahlreiche Christen sind. Pastor Mussie Zerai, Vorsitzender des Hilfsdienstes Habeshia, sagte gegenüber World Watch Monitor, dass etwa 90 Prozent der Überlebenden des Bootsunglücks vor der Insel Lampedusa im Oktober 2013 Christen gewesen seien. Auch wenn die Gründe für die Flucht vielfältig sein mögen, wird der Mangel an Religionsfreiheit immer wieder als wichtiger Faktor benannt.
Eritreische Regierung bezeichnet Vorwürfe als „lächerlich“
Die Regierung der Republik Eritrea reagierte auf die Anklage vonseiten der Vereinten Nationen mit Unverständnis. Religionsfreiheit sei in Eritrea gesetzlich garantiert und das Land könne auf „eine reiche Geschichte religiöser Toleranz, Koexistenz und Harmonie in einer unruhigen, oft von religiösen Konflikten zerrissenen Region“ zurückblicken. Die Anschuldigungen seien „lächerlich“, sagte Yemane Gebreab, zuständig für politische Angelegenheiten, gegenüber Journalisten: „Es gibt keine Grundlage für diese Behauptungen.“ (UN-Bericht/Frontex/World Watch Monitor)