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Syrisch-orthodoxer Erzbischof Saliba: Leiden der Nahost-Christen wird auch in Europa systematisch verschwiegen

Wien – „Blauäugigkeit im Umgang mit Migranten aus muslimischen Ländern“ wirft der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Theophilus George Saliba, den europäischen Politikern vor. „Man übersieht, hoffentlich aus Unwissenheit und nicht willentlich, die sozio-religiöse Sprengkraft dieser Migrationsbewegung nach Europa. Ihr habt keine Ahnung über die Kultur und Entschlossenheit der Menschen“, so der erfahrene Erzbischof.

Europa laufe Gefahr, „den gleichen Terror gegen Christen zu erleben wie wir im Nahen Osten“, so der Kirchenmann mit früherem Sitz im irakischen Mosul, inzwischen im Exil im libanesischen Beirut lebend. Regierungen wie etwa in Schweden sähen tatenlos zu, wie radikale Moslems Kriegsflüchtlinge sogar in europäischen Ländern bedrohten. Setzten sich derzeitige Entwicklungen fort, stehe Europa in zehn Jahren „sehr schwierige Tage“ gegenüber, so Saliba besorgt.

Die christlichen Gemeinden stehen derzeit vor der Auslöschung

In Syrien und im Irak finde derzeit ein besorgniserregender „Genozid“ an den Christen statt, sagte Theophilus. „Wir Christen werden unbarmherzig verfolgt. Kämpfer des radikal-islamistischen IS rauben, morden und verschleppen Christinnen und Christen. Das ist gezielt organisierter Terror.“ Die christlichen Gemeinden in den beiden Kriegsländern, mit zwei Millionen Mitgliedern die zweitgrößte Kirche in Nahost, stünden vor der Auslöschung; die Behörden – und selbst internationale Hilfsorganisationen – würden sie als „Menschen zweiter Klasse“ behandeln.

Russland und Amerika wollen Syrienkonflikt offenbar „am Kochen halten“

Die Medien würden das Leid der Christen verschweigen, Theophilus kritisierte eine „seltsame Rangordnung der Leidberichterstattung“: Es werde fast nur über Gräuel an Muslime oder manchmal auch an Jesiden gesprochen, „aber wenige wissen, dass uns Christen im Irak und Syrien alles geraubt wurde und vielen nur das nackte Leben geblieben ist“. Die IS-Truppen hätten zunächst alle Grundstücke an sich genommen, dann Kirchen und kirchliche Organisationen wie auch Klöster zerstört. „Wer nicht umgebracht wurde, musste fliehen. Frauen wurden vergewaltigt und verkauft.“

Christliche Flüchtlinge haben es auch im Exilland Libanon schwer

Auch im Exilland Libanon sei die Situation laut dem Erzbischof sehr schwer. Die Regierung verweigert den christlichen Flüchtlingen noch immer, wirtschaftlich Fuß zu fassen. Alle geflohenen Christen Syriens und des Iraks wollten wieder zurück in ihre Heimat, doch wisse nur Gott, wann dies möglich sei. Die Region brauche dringend Frieden, der jedoch in den Händen von Amerika und Russland liege. Saliba: „Mein Eindruck ist, dass man den Konflikt bewusst am Kochen halten will.“ (kap)

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Zur Person:

Theophilus George Saliba ist Erzbischof der syrisch-orthodoxen Christen mit Sitz in Mosul/Irak. Heute lebt er im Exil in Beirut.

Er unterrichtet auch Islamwissenschaften an der renommierten Columbia Universität in New York.