Im Anschluß an eine Pressekonferenz (*) des König Abdullah-Dialogzentrums (KAICIID: „King Abdullah Bin Abdulaziz International Centre for Interreligious and Intercultural Dialogue“) in Wien am 12. November 13 führte Pia de Simony, Sprecherin von CSI-Österreich,  folgendes Interview mit dem Generalsekretär Faisal Bin-Muaammar.

 

CSI-Österreich: Herr Generalsekretär, was möchten Sie mit dem Dialogzentrum kurzfristig erreichen?

Faisal Bin-Muaammar: Wir wollen mit unserem Bildungsprogramm vor allem psychologische Schranken, die zwischen Muslimen, Christen, Juden und anderen Gläubigen herrschen, durchbrechen, damit überhaupt erst die Basis für ein gegenseitiges Vertrauen auf menschlicher Ebene geschaffen werden kann.

Setzen Sie sich in Ihrer Arbeit auch mit Christen in Ihrem Land auseinander? Ja, das ist auch ein Thema. Wir nehmen christliche, wie jüdische Minderheiten in unserer Region genauso unter die Lupe wie auch die Konflikte zwischen den Rohingya-Muslimen und Buddhisten in Myanmar oder die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen in Nigeria.

Ist für Sie die Religionsfreiheit ein unverzichtbarer Teil der Menschenrechte – wie sie in der U.N.-Charta von 1948 verankert ist?

Für mich ist Religionsfreiheit ganz wichtig und ich glaube daran. Doch die Vereinten Nationen sind eine politische Organisation. Wir, im Dialogzentrum, sind unabhängig und führen Oberhäupter aus den verschiedensten Religionen zusammen.

Wenn Sie für Religionsfreiheit sind, kommen wir dann auf die vorhin erwähnten christlichen Minderheiten in Saudi-Arabien zurück: Dort leben rund drei Millionen Christen, die meisten davon sind Gastarbeiter aus den Philippinen. Warum haben diese Menschen kein Recht auf einen Andachtsort? Saudi-Arabien ist heute das einzige Land im Mittleren Osten, in dem es verboten ist, Kirchen zu bauen…

Ich darf mich nicht in die inneren Angelegenheiten meines Landes einmischen. Mein Job ist es, in Wien Menschen an einen Dialogtisch zusammenzubringen.

Und sich auch mit diesem Problem auseinanderzusetzen?

Kirchen bauen ist ein wichtiges Thema, doch meine Arbeit ist es, hierzulande den Dialog voranzutreiben. Nicht sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.

Ich beschuldige Sie nicht persönlich, ich finde es nur legitim, daß Christen, Juden und gläubige Hindus ein Recht auf ihre Bethäuser haben. Wäre das nicht die Voraussetzung schlechthin für einen gegenseitig befruchtenden Dialog?

Jeder Muslime möchte Andachtsorte für Andersgläubige unterstützen. Doch ich bin kein Experte auf diesem Gebiet.

Wie ist dann Ihre ganz persönliche Meinung dazu?

Meine persönliche Meinung ist jetzt nicht das Thema. Derzeit haben wir in Saudi-Arabien ganz andere, viel gravierendere Probleme. Wir werden regelrecht mit Gastarbeitern überflutet, die zum Teil mehr Geld als die Einheimischen verdienen. (Von einer Bevölkerungszahl von 27 Millionen Menschen sind rund ein Drittel Einwanderer, davon 1,5 Mio illegal im Land, Anm.) Wenn das so weiter geht, werden wir Saudis bald eine Minderheit werden. Das schürt erhebliche Konflikte unter den Einheimischen.

Dieses Problem führt uns jetzt zu weit vom eigentlichen Thema weg. Die Christen haben in Ihrem Land kein Recht auf ihre Kirchen, sie werden sogar verfolgt, wenn sie öffentlich beten…

Jegliche Art von Verfolgung ist scheußlich. Keine Religion wird das befürworten. Wir würden am liebsten alle Menschen zum Dialog bekehren – so wie es uns auch Papst Franziskus täglich vor  Augen führt!

Kennen Sie ihn persönlich?

Ja, ich habe ihn vor zwei Wochen im Rahmen einer größeren Audienz in Rom getroffen: Eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die den Dialog – gepaart mit Demut – auf exemplarische Weise vorlebt. Ich möchte ihn bald wiedersehen – am liebsten in einem Vieraugengespräch!

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­­­­(*) Bei der Pressekonferenz ging es um einen Rückblick über das erste Tätigkeitsjahr des Zentrums  (www.kaiciid.org) sowie über die in Wien am 18.-19. November 2013 bevorstehende „Global Forum“-Dialogkonferenz zum Thema: “Das Bild des Anderen“ (The Image of the Other) an der mehr als 500 Religionsvertreter und Bildungsexperten aus 95 Ländern teilnehmen werden.

 

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Foto: Generalsekretär Faisal Bin-Muaammar in seinem Wiener Büro mit CSI-Sprecherin Pia de Simony

Bildveröffentlichung gegen Nennung von CSI-Österreich im credit frei.