Berichte bisher nicht bestätigt, aber große Sorge um das Schicksal des Jesuiten, der das Kloster Der Mar Musa zu einem Brennpunkt des spirituellen christlich-islamischen Dialogs gemacht hatte
Entführung des italienischen Jesuitenpaters genau 100 Tage nach der Verschleppung der syrischen Bischöfe Mar Gregorios und Boulos Yazigi
Damaskus-Rom, 30.07.13 (poi) Der lange Zeit in Syrien tätig gewesene italienische Jesuitenpater Paolo Dall’Oglio soll unbestätigten Berichten zufolge in Nordsyrien von islamistischen Milizionären des sogenannten „Islamischen Kalifats des Irak und des arabischen Ostens“ entführt worden sein. Pater Dall’Oglio, der das syrische Kloster Der Mar Musa al-Habashi revitalisiert hatte, war im Sommer des Vorjahrs von den Assad-Behörden des Landes verwiesen worden. Seither reiste er aber immer wieder in die von den Rebellen kontrollierten Gebiete in Nordsyrien ein.
Die Entführung Dall’Oglios soll sich in der Provinzhauptstadt Rakka ereignet haben, die seit Monaten völlig unter der Kontrolle islamistischer Milizen steht. Sowohl die Apostolische Nuntiatur in Damaskus als auch das italienische Außenministerium bemühen sich um Informationen über das Schicksal des Jesuiten. Am morgigen Mittwoch sind es genau 100 Tage, dass die beiden Aleppiner Metropoliten Mar Gregorios Youhanna Ibrahim (syrisch-orthodox) und Boulos Yazigi (griechisch-orthodox) entführt wurden.
Der Apostolische Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari, sagte im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“, Pater Dall’Oglio habe sich bisher immer telefonisch gemeldet, wenn er die von der „Free Syrian Army“ kontrollierten Gebiete besuchte. Diesmal habe man in der Nuntiatur nichts gewusst. Die Sache überrasche ihn, so Erzbischof Zenari, denn Pater Dall’Oglio sei bei der „Free Syrian Army“ bekannt gewesen, er sei „respektiert“ worden. Möglicherweise handle es sich bei den Berichten über die Entführung des Jesuiten um in Umlauf gesetzte Fehlmeldungen.
In Syrien herrscht Chaos
In Syrien dürfe man sich angesichts des herrschenden Chaos über nichts mehr wundern, so der Nuntius. Zu Beginn der Auseinandersetzungen sei die Situation ziemlich klar gewesen, aber jetzt sei sie überaus komplex und undurchschaubar. Man müsse vor allem das Leid der Menschen unterstreichen, die Verletzung der Menschenrechte. Aber es sei unmöglich, genau herauszufinden, wer sich wie bewege, wer im Hintergrund die Fäden ziehe, wer mehr Recht oder mehr Unrecht hat. Jedenfalls sehe man kein „Licht am Ende des Tunnels“.
Der Jesuitenpater war stets dialogbereit mit den Muslimen
Der 58-jährige Jesuitenpater Dall’Oglio hatte 1982 mit der Revitalisierung des aus der Spätantike stammenden Klosters Der Mar Musa al-Habashi begonnen. Die Klostergemeinschaft, die dem syrisch-katholischen Patriarchat untersteht, bemühte sich von Anfang an um das Gespräch mit dialogbereiten Strömungen im Islam. Der Mar Musa wurde so zu einem Brennpunkt des spirituellen christlich-islamischen Dialogs.
CSI-Österreich: Dall’Oglio war ein „Leuchtturm der Hoffnung“
Die wahrscheinliche Entführung des weit über die Grenzen Syriens und Italiens hinaus bekannten Jesuiten hat international Bestürzung hervorgerufen. In Österreich betonte die Pressesprecherin von „Christian Solidarity International“ (CSI), Pia de Simony, dass ihre Organisation mit „großer Sorge“ die Nachrichten über Pater Dall’Oglio verfolge, der durch seine ökumenischen und interreligiösen Initiativen ein „Leuchtturm der Hoffnung“ inmitten der syrischen Tragödie sei.