Bischöfe von Aleppo vor fünf Jahren verschleppt. Politiker, Kirchenvertreter und Organisationen fordern ihre Freilassung

Berlin/Bamberg/Heidelberg/Göttingen  – Die Entführung von zwei Kirchenleitern in Syrien jährte sich am 22. April zum fünften Mal. Ihr Schicksal ist bis heute ungewiss. Daran erinnern Menschenrechtsorganisationen, Kirchenvertreter und Politiker. Der griechisch-orthodoxe Erzbischof von Aleppo, Boulos Yazigi, und sein syrisch-orthodoxer Amtsbruder, Mor Gregorius Yoanna Ibrahim, waren am 22. April 2013 westlich der nordsyrischen Stadt Aleppo unweit der türkischen Grenze verschleppt worden. Seitdem fehlt von den beiden hohen Geistlichen jede Spur. Sie waren auf dem Weg nach Al Mansura, um über die Freilassung eines entführten Priesters zu verhandeln. Dabei gerieten sie in einen Hinterhalt. Ihr Fahrer, ein Diakon, wurde erschossen. Unionspolitiker im Deutschen Bundestag forderten die Bundesregierung auf, mehr für die Suche nach den Geistlichen zu tun. Der Vorsitzende des Stephanuskreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Deutschland), Heribert Hirte, hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die beiden Männer lebend wiedergefunden werden: „Mit der Entführung dieser zwei bekannten Persönlichkeiten wollten die islamistischen Rebellen gezielt Angst unter den Christen in Syrien schüren und ihnen zeigen, dass sie nicht länger willkommen sind.“ Das überkonfessionelle Gesprächsforum innerhalb der Unionsfraktion im Bundestag kümmert sich um die Situation verfolgter Christen in aller Welt.

Bundesverband der Aramäer: „Freilassung wäre ein kraftvolles Zeichen der Hoffnung“

Für den Vorsitzenden des Bundesverbandes der Aramäer in Deutschland, Daniyel Demir (Heidelberg), wirft der Fall viele Ungereimtheiten und Fragen auf. Es gebe weder ein klares Lebenszeichen noch Lösegeldforderungen oder ein Bekennerschreiben der Täter. Der Syrische Nationalrat, eine der wichtigsten Oppositionsgruppen, habe aber „nach der Entführung in persönlichen Gesprächen klare Angaben über die Identität der Entführer, laufende Verhandlungen sowie den Verbleib und das Wohlbefinden der Bischöfe getätigt“. Die Verantwortung für die Unversehrtheit und das Leben der entführten Erzbischöfe liege darum in erster Linie in den Händen der syrischen Opposition, die die militärische Kontrolle über das Gebiet der Entführung hatte. Das Auswärtige Amt müsse die unverzügliche Freilassung der entführten Bischöfe einfordern: „Gerade in dieser scheinbar unaufhörlich weiter eskalierenden Phase wäre ihre Freilassung ein kraftvolles Zeichen der Hoffnung, aber auch möglicher Impuls für einen neuen Weg zum Dialog und Frieden im kriegserschütterten Land“, sagte Demir.

Erzbischof Schick: „Bischöfe werden für den Wiederaufbau in Aleppo gebraucht“

Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg), rief die Entführer dazu auf, die Geistlichen freizulassen: „Gerade die beiden Erzbischöfe, die sich so sehr für Dialog und Frieden zwischen den Religionsgemeinschaften eingesetzt haben, werden jetzt in Aleppo für den Wiederaufbau gebraucht.“

Schicksal der Christen in Afrin ungewiss

Die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (Göttingen) erinnert daran, dass die Lage der Christen in Syrien weiterhin besorgniserregend sei. Ursprünglich hätten etwa rund 1.000 Christen in Afrin gelebt, sagte der Nahostreferent der Menschenrechtsorganisation, Kamal Sido. Wie viele es heute nach dem Einmarsch der türkischen Armee und verbündeter islamistischer Milizen seien, wisse er nicht: „Wir müssen befürchten, dass diese Christen das Schlimmste erleiden müssen, wenn sie von Radikalislamisten erkannt werden.“ Laut Sido gilt „praktisch schon die Scharia“. Für Christen bleibe nur die Flucht, wenn sie ihren Glauben nicht verleugnen wollten. Auf Vorschlag der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ verlieh die Stadt Weimar 2014 den beiden entführten Bischöfen in ihrer Abwesenheit den „Menschenrechtspreis“, um sie für den Einsatz als Vermittler und Kämpfer für Menschenrechte im syrischen Bürgerkrieg zu würdigen. (idea)