Die derzeitige Lage der Christen und anderer religiösen Minderheiten im Irak: „Vollkommen unakzeptabel“

Wir übernehmen im Folgenden die deutsche Übersetzung des offenen Briefes der europäischen Bischöfe an den Sicherheitsrat der UNO zur dramatischen Situation im Irak.

 

Das Schreiben trägt die Unterschriften von allen Präsidenten des CCEE (Rates der Europäischen Bischofskonferenzen).

***

An den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen:

Sehr geehrte Damen und Herren

Die Situation der Christen und der anderer religiösen Minderheiten im Irak ist vollkommen unakzeptabel. Die dringende Notwendigkeit, die Menschenrechte dieses Volkes und das Überleben seiner Gemeinschaften zu verteidigen und zu schützen, ist offensichtlich. Die internationale Gemeinschaft ist aufgefordert, dieser Tragödie mit allen möglichen legitimen Mitteln ein Ende zu setzen.

Als europäische Bischöfe drücken wir auch die Gefühle unserer Gläubigen aus und fordern den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, Entscheidungen zu treffen, die diesen grausamen Handlungen ein Ende setzen, bei denen schon tausende von Menschen getötet wurden oder im Sterben liegen oder wegen ihrer Religionszugehörigkeit gezwungen sind, ihre Häuser zu verlassen.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen und ein großer Teil der Öffentlichkeit haben schon ihre Verurteilung dessen, was im Nordirak geschieht, ausgedrückt. Es müssen umgehend konkrete humanitäre Hilfsmaßnahmen ergriffen werden, angesichts der verzweifelten Lage der Kinder, Frauen, alten Menschen und der vielen Menschen, die alles verloren haben, um dem Tod zu entfliehen, und jetzt dem Risiko ausgesetzt sind, zu verhungern und zu verdursten.

In den letzten Jahren wurde viel zum Verständnis der Verantwortlichkeiten der internationalen Gemeinschaft beim Schutz der Menschenrechte getan, und insbesondere des Rechts auf Leben der unschuldigen Menschen und des Rechts auf Sicherheit und religiöse Freiheit. Wir erhoffen uns, dass die internationale Gemeinschaft auch in diesem Fall in der Lage ist, den vielen Flüchtlingen schnelle Hilfe zukommen zu lassen, und ihre Sicherheit bei der Rückkehr in ihre Städte und Häuser garantieren kann.

Die Tragödie, die sich im Norden des Iraks vollzieht, ist nicht nur eine Gefahr für das multikulturelle Zusammenleben, das Bestandteil unserer globalisierten Welt ist, sondern stellt auch ein Risiko für die Christen dar, in einer Region, in der sie seit den Anfängen des Christentums leben und ihre Anwesenheit geschätzt ist und für den Frieden auf regionaler und internationaler Ebene notwendig ist.

Mit diesem Aufruf schließen wir uns dem Hl. Vater, Papst Franziskus, an, der in den letzten Tagen unaufhörlich die internationale Gemeinschaft aufgefordert hat, aktiv zu werden und den Menschen in Gefahr konkrete Hilfe zu leisten und alles zu machen, um diesen schrecklichen Zyklus der Gewalt zu stoppen.

Die katholische Kirche in Europa steht all denen nah, die gezwungen wurden, aus ihren Häusern zu fliehen, oder Momente der Angst und des Schreckens durchleben. Mit den bereits laufenden Initiativen zeigt sie ihr Engagement und ihre Solidarität mit ihnen.

Ohne einen entschlossenen Einsatz von Seiten der internationalen Gemeinschaft und der Behörden im Irak werden diese Bemühungen jedoch das Problem nicht lösen können.

Wir vertrauen darauf, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dessen Zweck es ist, den Frieden und die Sicherheit auf internationaler Ebene zu garantieren und die Menschenrechte zu fördern, seine Entschlossenheit bei der Erreichung dieses Zieles zeigt. Aus diesem Grund fordern wir Sie auf, mit der notwendigen Dringlichkeit zu handeln, im Sinne von diesen und allen anderen Opfern des Krieges und der Gewalt, der sie ausgesetzt sind, und die auf die Solidarität der Welt warten.

Sankt Gallen, 14. August 2014