IMG_1634-1Wien-Rom – „Wir verlangen keine Militärintervention des Westens zur Verteidigung der orientalischen Christen. Aber der Westen muss aufhören, die terroristischen Gruppen zu bewaffnen und zu unterstützen, die unsere Länder zerstören und unsere Leute massakrieren“: Dies betonte der in Damaskus residierende syrisch-orthodoxe Patriarch Ignatius Aphrem II. (s. Bild) gegenüber dem italienischen Onlineportal „Vatican Insider“.

Wenn der Westen helfen wolle, dann solle er die örtlichen Regierungen unterstützen, denen es an Ausrüstung zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und zur Verteidigung der Bevölkerung gegen Attacken fehle. Die staatlichen Institutionen im Nahen Osten bräuchten vor allem Stärkung und Stabilisierung, betonte der Patriarch. „Stattdessen sehen wir, dass ihre Auflösung von außen unterstützt wird.“

Präsident Assad bittet die einheimischen Christen im Land zu bleiben
Ignatius Aphrem gab an, Syriens Präsident Bashar al-Assad habe die Bischöfe des Landes bei einem kürzlichen Treffen gebeten, alles für ein Bleiben der Christen im eigenen Land zu unternehmen, das schon lange vor der Ankunft des Islams ihre Heimat gewesen sei. Assad sei zudem von einem bedeutenden Beitrag der Christen beim Wiederaufbau des Landes überzeugt.

Anschuldigungen aus dem Westen, wonach die orientalischen Christen mit den autoritären Regimen sympathisierten, wies Ignatius Aphrem scharf zurück. Nahost-Christen hätten sich keiner Diktatur unterworfen, sondern unterstützen „legitime Regierungen“. Im Fall Syriens sei zudem erkennbar, „dass auf der anderen Seite keine demokratische Opposition ist, sondern nur extremistische Gruppierungen“. Diese Gruppen hätten ihre Ideologie von sog. „Hasspredigern“ aus Saudi-Arabien und Katar bezogen und würden zudem über die Türkei reichlich mit Waffen versorgt.

Jeder Islam-Prediger kann die Gewalt rechtfertigen
Der IS beruhe auf einer „perversen religiösen Ideologie“, die sich auf den Koran berufe. Dies sei möglich, weil es im Islam keine Autorität gebe, die eine „authentische Interpretation des Koran“ durchsetzen könne. Jeder Prediger könne seine Interpretation einzelner Verse anbieten und die Gewalt rechtfertigen und sog. „Fatwas“ (religiöse Rechtsgutachten) auf dieser Basis erstellen, ohne dass eine höhere Autorität einzugreifen vermöge.  (Vatican Insider)

IRAKISCHER Patriarch: 1.264 Christen seit 2003 getötet

chald Patriarch Louis Raphael I Sako von IrakAuch der chaldäische Patriarch Sako kritisiert Gleichgültigkeit im Westen angesichts der Tragödie der Christen im Nahen Osten
Rom – Seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 sind im Irak 62 Kirchen angegriffen und 1.264 Christen getötet worden. Diese Zahlen nannte der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako aus Bagdad laut dem italienischen Pressedienst SIR bei einer Veranstaltung Ende  Juli im süditalienischen Jelsi. Den westlichen Regierungen warf der katholische Kirchenführer vor, sie blieben „gleichgültig oder ängstlich angesichts der Tragödie der Christen im Nahen Osten“, statt gegen die IS-Terrormiliz vorzugehen.
Christen im Irak und in Syrien erlebten derzeit „eine Verfolgung wie in der Urkirche“, sagte der Patriarch. Für den Irak verlangte er eine Trennung von Religion und Staat. Alle Bürger hätten „die gleichen Rechte und Pflichten, ohne Rücksicht auf ihre Religion“. Um die kulturelle Pluralität im Irak anzuerkennen, sei ein Mentalitätswandel nötig; dieser erfordere „die Erziehung ganzer Generationen mit zeitgemäßen religiösen Bildungsprogrammen“, so Sako. (SIR)